Gonde Dittmer

Klein-Grau Ganz Schlau

Geschichten in Reimen
Illustriert von Loreen Böcking

Inhalt

  • Das kleine Wesen
  • Der räuberische Vogel
  • Der große Bruder
  • Tante Luise
  • Onkel Karl
  • Die Fliegende Maus
  • Herbert und Franz
  • Maike
  • Die Luftreise
  • Die Seefahrt
  • Der Sänger
  • Der Regenwurm
  • Die Schleiche
  • Das Osterfest
  • Der Hausbesuch
  • Das Stachelmonster
  • Die große Wühlmaus
  • Uwes Kinder
  • Kater Manfred
  • Geburtstag

Leseprobe: Herbert und Franz

An einem Morgen im April
erwacht Klein Grau ganz früh und will
die Tante, die Luise heißt,
besuchen. Wie Du sicher weißt,
wohnt diese auf dem Kirchendach.
Klein-Grau ist sofort völlig wach.

Mit Umsicht schlüpft sie aus dem Bau,
schaut links und rechts und sieht genau
nach oben in den blauen Himmel,
ob dort von Feinden ein Gewimmel
zu fürchten ist am frühen Morgen.
Doch scheinbar gibt es keine Sorgen.

Sie will sogleich zum Graben rasen,
da sieht sie Herbert, einen Hasen.
„Ach Herbert, kommst mir grade recht.
Ich will zur Tante, brauchte echt
ein Taxi, denn ich lauf nicht gern.
Zur Kirche ist es gar zu fern.“

„Klein-Grau, das ist für mich nicht schwer.
Komm deshalb gleich zu mir daher
und setz Dich bei mir auf den Rücken.
Ich werde mich dazu ganz tief bücken.“
Klein-Grau macht einen großen Satz,
nimmt zwischen Herberts Ohren Platz.

„Sollst Dich an meine Löffel krallen,
so kannst Du nicht hinunterfallen,
wenn ich dann über Gräben springe
und Dich zu Deiner Tante bringe.“
Nun hoppelt Herbert endlich los.
Die Freude von Klein-Grau ist groß.

Die Wiese ist schnell überquert.
Er überspringt ganz unbeschwert
den ersten Graben mit viel Schwung
in einem meisterlichen Sprung.
Er hoppelt durch das hohe Gras.
Klein-Grau macht das gewaltig Spaß.

Doch dann erscheint am Horizont
ein Schwanz mit Haaren rötlich-blond,
der sich den Graben längs bewegt
und sofort ihre Angst erregt.
„Oh jeh“, sagt Herbert, „das ist Franz,
den Fuchs erkenne ich am Schwanz“.

Fuchs Franz, auf Jagd die ganze Nacht,
zustande hat er nichts gebracht.
Kein einzig Tier hat er erlegt,
obwohl vom Fleisch er täglich lebt.
Sein Magen knurrt, ihm ist ganz flau.
Was soll er sagen seiner Frau?

Sie ist sehr hungrig und die Kinder
sind’s aus dem gleichen Grund nicht minder.
Da sieht er plötzlich Herbert laufen.
„Den Burschen werde ich mir kaufen!“
Sofort beginnt er loszurennen
und überquert die nächsten Fennen.

Er will den Hasen überraschen
und dann an seiner Beute naschen.
„Halt Dich ganz fest“, sagt Herbert nun,
„wir müssen irgendetwas tun.
Fuchs Franz kann sich wohl mit mir messen.
Natürlich würd’ er mich gern fressen.“

Schon rennt er los, gefolgt von Franz,
schlägt Haken wie im wilden Tanz.
Der Abstand wird gefährlich enger,
Klein-Grau wird bang und immer bänger.
Doch Herbert denkt an eine List,
bevor der Franz ihn fängt und frisst.

Er rennt direkt zum Graben hin
Franz denkt sofort „Nun hab’ ich ihn!“
Zum letzten Sprung setzt er jetzt an,
fliegt durch die Luft mit Schwung voran.
Im letzten Augenblick, da schlägt
der Hase Haken. Franz bewegt

sich grad`aus, fällt dann in das Wasser.
Sein Fell wird nass und immer nasser.
Er wird so schwer wie eine Kuh
und lässt den Hasen jetzt in Ruh.
Mit Mühe, voller Schlamm und Dreck,
kriecht er heraus und ist dann weg.

Erleichtert kann der Hase nun
Was er die ganze Zeit wollt’ tun
Klein-Grau zur Kirche rüberbringen,
wo sonntags Menschen Lieder singen.
Und so wird alles wieder gut.
Fürs Leben braucht man richtig Mut.